Minderung aus einem Kaufvertrag über ein Grundstück wegen fehlender Nutzbarkeit eines Gartenzugangsweges

Minderung aus einem Kaufvertrag über ein Grundstück wegen fehlender Nutzbarkeit eines Gartenzugangsweges

OLG Hamm, Urteil vom 09.07.2003, 12 U 123/02

 

Nordrhein Westfalen Wappen


Oberlandesgericht Hamm
Urteil vom 09.07.2003
12 U 123/02

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

GbR ...

Klägerin und Berufunsklägerin zu 1)

AG ...

Klägerin und Berufungsklägerin zu 2)

./.

Frau ...

Beklagte und Berufungsbeklagte zu 1)

Herrn ...

Beklagten und Berufungsbeklagten zu 2)

hat der 12. Zivilsenat des Oberlandgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 09.07.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandgericht ..., den Richter am Oberlandgericht ... und die Richterin am Amtsgericht ...
für Recht erkannt

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 05.08.2002 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Bochum wird zurückgewiesen.

  2. Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

  4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 1 Satz 2, 313 a Abs. 1 ZPO abgesehen.

I.
Die Berufung der Klägerin ist zulässig. In der Sache bleibt ihr der Erfolg versagt.

1.
Das Rubrum war dahin zu berichtigen, dass nicht die Gesellschafter der GbR Klägerinnen sind, sondern die GbR selbst Klägerin ist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist eine GbR, soweit sie - wie im vorliegenden Fall - durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet, rechtsfähig und damit auch parteifähig (BGHZ 146, 341 ff.)

Haben dennoch die Gesellschafter der GbR als Streitgenossen eine Gesamthandsforderung eingeklagt, so bedarf es keines Parteiwechsels, sondern lediglich einer Rubrumsberichtigung (vgl. BGH MDR 2003, 591 f).

2.
a) Die Begründetheit der Zahlungsklage hat das Landgericht im Ergebnis zutreffend im Hinblick auf die von den Beklagten geltend gemachte Minderung verneint. Es ist dabei zu Recht davon ausgegangen, dass bereits im Hinblick auf die mangelhafte Gestaltung des Weges an der hinteren Grundstücksgrenze eine Minderung gerechtfertigt ist, die den mit der Klage verlangten Restkaufpreis von 6.946,92 € nicht unterschreitet.

Für das Schuldverhältnis gilt das BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (Art. 229 § 5 EGBGB).

Für den zwischen den Parteien geschlossenem Bauträgervertrag gelten die werkvertraglichen Gewährleistungsregeln (vgl. BGH BauR 1988, 461, 463), so dass das Minderungsbegehren der Beklagten nach § 634 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. zu beurteilen ist.

aa) Ein Mangel der in § 633 BGB a. F. bezeichneten Art liegt vor. Das Landgericht hat zu Recht aus § 18 des notariellen Vertrages vom 01.02.1999 den Schluss gezogen, dass die Klägerin verpflichtet ist, den an der hinteren Grundstücksgrenze gelegenen Weg als ebenerdigen Zugangsweg zum Grundstück der Beklagten herzustellen.

Zwar ist Regelungsgegenstand des § 18 des Vertrages der Parteien in erster Linie eine Nutzungsregelung und nicht eine Eigenschaftszusicherung. Der Regelung kann aber entnommen werden, dass die Parteien übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass der Weg, welchen die Beklagten und weitere Anlieger als Miteigentümer von der Klägerin erworben haben, als Zugang zu den Grundstücken diesen sollte. Die Formulierungen "Gartenzugangswege" und "um ihr jeweiliges Hausgrundstück zu erreichen" lassen daran keinen Zweifel.

Ohne eine solche Erschließungsfunktion war der Weg für die Anlieger auch wertlos. Dass allein diese Funktion der Grund dafür war, dass die Beklagten an dem Weg von der Klägerin einen Miteigentumsanteil erworben haben, ist offensichtlich.

Bei interessengerechter Auslegung des Vertrages ist daher eine auf Schaffung des Zuganges gerichtete Leistungspflicht der Klägerin zu bejahen. Angesichts der in § 18 des Vertrages geregelten Gestattung der "Benutzung mit Krankenfahrstühlen§ durften die Beklagten davon ausgehen, dass dieser Zugang ebenerdig bzw. mit einem allenfalls geringfügigen, auch von Rollstuhlfahrern problemlos zu überwinden Gefälle hergestellt wird.

Tatsächlich liegt das Niveau des Weges bis zu 2 m über demjenigen des Gartens, wobei über den im Grenzbereich angebrachten L-Steinen aus Beton noch ein Gitterzaun angebracht ist. Ein Zugang zum Grundstück der Beklagten ist deshalb nicht vorhanden.

Dies ist von den Beklagten nicht im Hinblick auf § 2 Nr. 2 des notariellen Vertrages hinzunehmen. Zwar sind die Klägerin danach Abweichungen von der vorgesehenen Bauausführung für den Fall gestattet, dass sich Änderungsnotwendigkeiten aufgrund behördlicher Anordnung oder aus technischen oder aus Gründen der Zweckmäßigkeit ergeben. Voraussetzung ist nach § 2 Nr. 2 Satz 3 des Verrages jedoch, dass die Änderungen keine Wertminderung zur Folge haben. Eine die einseitige Änderungsbefugnis ausschließende Wertminderung liegt hier vor (siehe dazu die nachfolgenden Ausführungen unter cc)).

bb) Eine Fristsetzung zur Mängelbeseitigung mit Ablehnungsandrohung war gemäß § 634 Abs. 2 BGB a. F. entbehrlich, da die Klägerin durch ihr entschiedenes Bestreiten eines Mangels zu erkennen gegeben hat, dass sie zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustandes nicht bereit ist.

cc) Der Höhe nach ist die Minderung nach den erforderlichen Mängelbeseitigungskosten und einem etwa nach Mängelbeseitigung noch verbleibenden Minderwert zu bemessen (bgl. Werner/Pastor. Der Bauprozess, 10. Aufl., Rdn. 1667).

Gegen die auf § 287 Abs. 2 ZPO - die generellen Bedenken der Klägerin gegen die Anwendbarkeit dieser Bestimmung teilt der Senat nicht - geschützte Schätzung des Minderungsbetrages auf jedenfalls nicht weniger als die mit der Klage geltend gemachten 6.946,92 € ergeben sich keine durchgreifenden Bedenken.

Zwar bleiben die durch die Rechnung der Firma ... belegten Kosten der Treppenanlagen, welche die Klägerin auf Nachbargrundstücken zur Herstellung eines Zuganges installiert hat, mi 2.613,19 € (2.252,75 € zzgl. Mehrwertsteuer) hinter dem Betrag der Klageforderung deutlich zurück.

Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass der Auftrag, den die Klägerin der Firma ... erteilt hatte, insgesamt im Millionen-DM-Bereich lag. Damit hatte sie eine deutlich günstigere Verhandlungsbasis als die Beklagten sie bei einem vergleichsweise kleinen Auftrag haben, so dass es naheliegend erscheint, dass sich für diese ein höherer Kostenaufwand ergibt.

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass mit der Schaffung einer Treppenanlage der Mangel nicht vollständig zu beheben ist. Es bleibt der aus der erheblich differierenden Höhenlage resultierende Minderwert. Dieser Minderwert ist beträchtlich.

Zum einen ist mit einer Treppenanlage die nach vorstehenden Ausführungen geschuldete Zugänglichkeit des Grundstückes auch für Rollstuhlfahrer nicht herzustellen. Auch ist durch den Platz, welchen die Treppe benötigt, die Nutzbarkeit des Grundstückes eingeschränkt.

Weitere Beeinträchtigungen ergeben sich aus der wegen der Höhendifferenz erforderlich gewordenen Anbringung von L-Steinen aus Beton. Die Nutzbarkeit des Grundstückes ist auch im Bereich des Stützfußes dieser Steine eingeschränkt.

Zum anderen ergeben sich aus der Höhendifferenz beträchtliche optische Beeinträchtigungen. Der sich vom Garten aus ergebende Anblick des Betonsteines ist ebenso wertmindernd wie die freie Einsehbarkeit des Grundstücks für Benutzer des angrenzenden Weges.

Unter Berücksichtigung dieser insgesamt erheblichen Beeinträchtigungen ist die Schätzung des Minderungsbetrages auf mindestens 6.946,92 € nicht zu beanstanden.

Ob und in welchem Umfang die von den Beklagten geltend gemachten weiteren Mängel ebenfalls eine Minderung rechtfertigen, kann deshalb dahingestellt bleiben.

b) Ebenfalls im Ergebnis zutreffend hat die Kammer die Zulässigkeit der Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Zurückbehaltungsrechtes der Beklagten gegenüber der Klageforderung verneint.

Der Feststellungsklage fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, da über die Begründetheit der Klageforderung und damit auch über ihr etwa entgegenstehende Einreden bereits im Rahmen der Zahlungsklage abschließend zu entscheiden ist. Ein anzuerkennendes Interesse an einer gesonderten feststellenden Entscheidung hinsichtlich der Einredefreiheit der Klageforderung besteht deshalb nicht.

II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.