Kein Schadensersatzanspruch bei zu niedrigem Schätzpreis bei Auktion

Das Objekt des Klägers wurde seiner Meinung nach von der Beklagten zu niedrig bewertet und bei einer Auktion zu günstig versteigert

LG Köln, Urteil vom 05.10.2017, 20 O 59/16

 

Nordrhein Westfalen Wappen

Landgericht Köln
Urteil vom 05.10.2017
20 O 59/16

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

….

Kläger

./.

Beklagte

 

hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln

für Recht erkannt

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz wegen angeblich fehlerhafter Bewertung und Bewerbung eines Objekts des Klägers, das durch die Beklagte versteigert wurde.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Auktionshaus, das ständig Antiquitäten und Kunstgegenstände zur Versteigerung annimmt. Zweimal im Jahr führt sie Spezialauktionen für asiatische Kunst durch. Der Kläger und sein Bruder waren bereits früher Kunden der Beklagten. Vor acht bis zehn Jahren hatten sie einmal an die Beklagte die Bitte gestellt, bei einer Versteigerung die Provenienz nicht anzugeben.

Die Beklagte beschrieb den streitgegenständlichen Kendi unter Losnummer 195 in ihrem für die Auktion 1044 „Asiatische Kunst“ herausgegebenen Katalog mit einer ganzseitigen Abbildung. In der englischen Fassung der Beschreibung befand sich unter der Überschrift „Literature“ der Hinweis, dass der Kendi mit dem auf Seite 192, Abb. 41, in dem Fachbuch von Lunsingh Scheurleer gezeigten Kendi vergleich bar ist („compare an almost identical kendi“). Für die Beschreibung und die Abbildung wird auf die Anlage B 1, Bl. 62 d. A. verwiesen. Der Schätzpreis wurde mit 3.000 – 4.000 EUR beziffert. Die Beklagte bewarb den Kendi darüber hinaus online und in ihrem Katalog für „Europäische Kunst“. Die Provenienz aus dem gräflichen Besitz von G wurde nicht erwähnt.

Die Beklagte versteigerte den streitgegenständlichen Kendi in der Auktion 1044 für asiatische Kunst am 05.12.2014. Es hatten mehrere Telefonbieter Gebote auf den Kendi abgegeben. Zudem boten mehrere im Saal anwesende Bieter persönlich mit. Der Zuschlag wurde bei 75.000 EUR erteilt.

Wenige Monate später wurde der Kendi von dem Auktionshaus Sotheby´s in einem Versteigerungskatalog mit einem Schätzpreis von 200.000,00 bis 300.000,00 GBP beworben. Für den Condition Report wird auf die Anlage K7, Bl. 27 d.A., und für eine weitere Beschreibung durch Sotheby´s wird auf die Anlage K11, Bl. 40 ff. d.A., verwiesen. Im Rahmen der Auktion durch Sotheby´s am 08.07.2015 wurde der Zuschlag auf ein einziges abgegebenes Gebot bei 200.000 GBP erteilt (zum Zeitpunkt der Klage umgerechnet 277.619,30 Euro).

Der Kläger behauptet, dass sich der tatsächliche Marktwert des Kendi mindestens auf 200.000 GBP belaufe. Die Beklagte habe den Wert des Verkaufsgegenstandes verkannt und keine geeigneten Maßnahmen ergriffen, um diesen wertentsprechend zu veräußern. Der zu niedrig eingeschätzte Wert, die unvollständigen Angaben im Auktionskatalog über die Provenienz des Gegenstandes und die falsche Angabe des Gegenstands als nur ähnliches Exemplar, anstatt als das im Fachbuch abgebildete Exemplar, hätten zu dem wesentlich niedrigeren Versteigerungserlös geführt, als er bei der später stattgefundenen Auktion von Sotheby´s erzielt wurde. Der Anlass für die frühere Bitte um Nichtangabe der Provenienz bestehe nicht mehr. Dass sei der Beklagten auch bekannt gewesen. Die Beklagte habe keine ausreichenden Nachforschungen über den Wert des Kendi vorgenommen. Sie habe die Auktion des Kendi zurücknehmen müssen, als sie bemerkte, dass er mit dem in der Fachliteratur besprochenen Kendi identisch ist.

Der Kläger ist der Ansicht, dass ihm die Beklagte daher zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sei. Der kausale Schaden in der Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Versteigerungserlös bei Sotheby´s abzüglich 9% Provision und des von der Beklagten ausgekehrten Erlöses sei ihm von der Beklagten als entgangener Gewinn zu ersetzen.

Ursprünglich beantragte der Kläger,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 184.383,56 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 29.11.2015 zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger weitere 3.006,42 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 15.12.2015 zu zahlen.

Nunmehr beantragt der Kläger anstelle des Hauptantrags, wie zunächst nur hilfsweise beantragt,

  1. die Beklagte zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach G3 und G4, bestehend aus dem Kläger und seinem Bruder G2, 184.383,56 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.11.2015 zu zahlen;
  2. die Beklagte zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach G3 und G4, bestehend aus dem Kläger und seinem Bruder G2, weitere 3.006,42 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 15.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, ihr Schätzpreis beruhe auf einer Abstimmung zwischen dem Bruder des Klägers und der Beklagten. Sie habe nach Veröffentlichung des Auktionskatalogs erkannt, dass der streitgegenständliche Kendi selber in dem Buch von Lunsingh Scheurleer abgebildet ist. Die Angabe sei dann in einer Korrigenda/Addenda-Liste korrigiert worden. Zudem sei in der streitgegenständlichen Auktion darauf hingewiesen worden, dass der Kendi in dem Buch von Lunsingh Scheurleer abgebildet ist.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass sie davon ausgehen durfte, dass die nicht widerrufene Anweisung zur Nichtangabe der Provenienz auch für die Versteigerung des Kendi gelte. Ihr seien im Zusammenhang mit der Versteigerung des Kendi keine von ihr verschuldeten Pflichtverletzungen vorzuwerfen, die zu einem kausalen Schaden geführt hätten.

Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung am 29.06.2017 Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen Dr. H und durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. Q. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 29.06.2017 (Bl. 223 ff. d. A.) Bezug genommen.

Dahlbokum
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