Minderung beim Kauf eines Grundstückes mit Eigenheim

Sinn und Zweck eines „Gartenzugangsweges“. Keine vorbehaltlose Abnahme nach § 640 Abs. 2 BGB, wenn bereits vor der Abnahme eine substantiierte Mängeleinrede erfolgt

LG Bochum, Urteil vom 17.12.2003, 4 O 263/01

Nordrhein Westfalen Wappen

Landgericht Bochum
Urteil vom 17.12.2003
4 O 263/01

Im Namen des Volkes
Urteil

In dem Rechtsstreit

Firma …

Kläger zu 1)

Firma …

Kläger zu 2)

Firma …

Nebenintervenientin

./.

Frau …

Beklagte zu 1)

Herrn

Beklagten zu 2)

Prozessbevollbevollmächtigten: Rechtsanwalt Volker Dahlbokum LL.M., Klosterstr. 22, 40211 Düsseldorf

hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Bochum auf die mündliche Verhandlung vom 17.12.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht …., den Richter am Landgericht … und den Richter am Landgericht …
für Recht erkannt

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerinnen. Die Kosten der Streithilfe trägt die Streithelferin.
  3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Parteien schlossen am 23.12.1998 einen notariellen Kaufvertrag (UR-Nr. 1835/1998 des Notars … in Bochum), nachdem die Beklagten von den Klägerinnen ein Grundstück kauften, auf dem die Klägerinnen ein Reiheneinfamilienhaus errichten sollten entsprechend der Baubeschreibung vom 18.11.1998 (UR-Nr. 1599/1998 L des Notars … in Bochum). Die Beklagten schuldeten einen Kaufpreis bzw. eine Vergütung von insgesamt 315.000,00 DM.

Am hinteren Ende des Gartens des Beklagtengrundstücks haben die Klägerinnen eine Mauer aus L-Steinen errichtet und auf diese Mauer einen Zaun gesetzt. An der Oberkante der Mauer verläuft hinter dem Zaun ein Gartenzugangsweg, der im Miteigentum sämtlicher an den Weg angeschlossenen Reihenhausgrundstückseigentümer steht.

In § 18 des Kaufvertrages „Rechte und Pflichten bzgl. Gartenzugangswege“ heißt es in Nr. 2 (Bl. 27 d. A.): „Erwerber verpflichtet sich gemeinsam mit den anderen Erwerbern weiterer Miteigentumsanteile die Gartenzugangswege nur zum Gehen zu benutzen um ihr jeweiliges Hausgrundstück zu erreichen. Die Benutzung mit Krankenfahrstühlen ist gestattet. „Die Gestaltung des Geländes erfolgt entsprechend den örtlichen Gegebenheiten unter Berücksichtigung der Gesamtgestaltung bzw. der Straßen und übrigen Geländehöhen. Die daraus resultierenden Stützwände, Böschungen, Terrassierungen und Mulden werden auf dem Grundstück angelegt, um den Freiraum abwechslungsreich zu gestalten.“

Von den Beklagten noch nicht bezahlt ist die letzte Rate in Höhe von 7.900,00 DM.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.03.2001 (Bl. 60 ff. d. A.) rügten die Beklagten u. a. als mangelhaft, dass an der Gartenseite des Hauses eine mehr als 2 m hohe Stützwand aus sog. „L-Steinen“ errichtet sei und entsprechend der Gartenweg in einer Höhe von 2 m angelegt sei. Wegen dieses und wegen weiter in dem Schreiben bezeichneter Mängel machten sie eine Minderung des Kaufpreises von 20.000,00 DM geltend.

Mit Schreiben vom 10.05.2001 wiesen die Beklagten den geltend gemachten Minderungsanspruch zurück.

Am 21.06.2001 unterzeichneten die Beklagten ein Abnahmeprotokoll (Bl. 137 ff. d. A.) für folgende Leistungen:

„Landschaftsbauarbeiten private Freianlage

Pflasterung, Endarbeiten, L-Steine + Zaun + Treppe (L-Stein, Zaun, Treppe, obwohl vom Erwerber nicht bestellt)

Die Leistungen werden mit festgestellten Mängel abgenommen. Die Mängel sind in der anliegenden Mängelliste enthalten.

Der Auftraggeber verlangt die Beseitigung der festgestellten Mängel laut Mängelliste bis spätestens 21.07.2001.

Falls die aufgeführten Mängel nicht bis zum angegebenen Termin beseitigt sein werden, wird der Auftraggeber die Mängelbeiseitigung auf Kosten des Auftragsnehmers durch einen Dritten veranlassen.

Der Auftraggeber behält sich alle Recht wegen der festgestellten Mängel vor (= § 640 II BGB).“

In der Mängelliste ist die Mängelrüge hinsichtlich der L-Stein-Mauer und des Niveaus des Gartenzugangsweges nicht aufgeführt.

Die Klägerinnen und die als Nebenintervenientin den Klägerinnen beigetretene Streitverkündete zu 2) beantragt,

die Beklagte als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerinnen als Gesamtgläubiger 7.900,00 DM nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 25.05.2001 zu zahlen.

Die Klägerinnen bentragen ferner,

festzustellen, dass den Beklagten gegenüber den Klägerinnen aus dem Kaufvertrag über das Hausobjekt …. , … Bochum vom 23.12.1998 (UR-Nr. 1835/1998 des Notars … mit Dienstsitz in Bochum) kein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises in Höhe von 20.000,00 DM zusteht.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten wenden gegen den Zahlungsanspruch der Klägerinnen primär (Schriftsatz vom 06.08.2003, Bl. 280 ff. d. A.) einen Minderungsanspruch wegen der Wand aus L-Steinen und des erhöhten Niveaus des Gartenzugangsweges ein.

Die Beklagten halten den Feststellungsantrag für unzulässig.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen … vom 31.01.2003 Bezug genommen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Zahlungsklage ist unbegründet.

Der Zahlungsanspruch der Klägerinnen ist gem. § 634 BGB a. F. durch die Minderung der Beklagten hinsichtlich der Wand aus L-Steinen und des erhöhten Niveaus des Gartenzugangsweges erloschen.

Es liegt ein Mangel gem. § 633 Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. vor.

Zunächst ist allerdings festzustellen, dass das von dem Gartenniveau abweichende Niveau des Gartenzugangsweges grundsätzlich keinen Magel darstellt.

Eine Niveaugleichheit von Garten und Gartenzugangsweg ist nicht geschuldet. Denn in der Baubeschreibung ist ausdrücklich bestimmt, dass die Beklagten damit rechnen mussten, dass Stützwände angelegt werden (dieser Umstand ist in dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 09.07.2003 in der Sache 12 U 123/02 offenbar nicht berücksichtigt). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 18 des Vertrages der Parteien. § 18 des Vertrages ist eine Nutzungsregelung. § 18 Nr. 2 Satz 1 des Vertrages bestimmt, dass der Weg nur zum Gehen benutzt werden darf. Damit schließt diese Bestimmung eine Benutzung mit Fahrzeugen grundsätzlich aus. Es soll also auf dem Weg nicht mit Fahrrädern, Mofas usw. gefahren werden. Soweit § 18 Nr. 2 Satz 2 des Vertrags vorsieht, dass die Benutzung mit Krankenfahrstühlen gestattet ist, handelt es sich um eine Ausnahme von der Bestimmung des § 18 Nr. 2 Satz 1.

Gleichwohl ist die Art der von den Klägerinnen vorgenommenen Ausführung mangelhaft. Wie sich aus den vom Sachverständigen gefertigten Lichtbildern ergibt, ist die Mauer aus L-Steinen ein abrupter Abschluss des Gartens. Von einer in der Baubeschreibung euphemistisch versprochenen „abwechslungsreichen Gestaltung des Freiraums durch Stützwände, Böschungen, Terrassierungen und Mulden“ kann keine Rede sein, vielmehr hat die Mauer aufgrund ihrer Höhe (ca. 1,18 m ab dem angeböschten Bereich) und des darauf aufgesetzten Zauns den Charakter einer Bollwerks. Die Klägerinnen hätten den Höhenunterschied in sanfter Form überwinden müssen, indem sie etwa eine Terrassierung vorgenommen hätten. Nur ein sanfter Übergang hätte auch dem Sinn des Gartenzugangs entsprochen, nicht die von den Klägerinnen installierte Treppe. Sinn des Gartenzugangsweges ist nicht nur die bloße Möglichkeit, „irgendwie“ von dem Weg in den Garten zu gelangen. Sinn ist z. B. auch, für Gartenarbeiten mit einer Schubkarre Erde, Pflanzen usw. über den Weg in den Garten transportieren zu können und nicht den Weg durch das Haus nehmen zu müssen. Soweit, wie vorstehend ausgeführt, sich aus § 18 des Vertrages keine Pflicht zur Niveausgleichheit von Zugangsweg und Garten ergibt, so ergibt sich jedoch aus dieser Vertragsbestimmung, dass auch Rollstuhlfahrer den Niveauunterschied meistern können müssen. Auch deshalb schuldeten die Klägerinnen eine sanfte Überwindung des Niveauunterschiedes. Bei einer solchen sanften Überwindung des Niveuunterschiedes etwa durch eine Terrassierung wäre es auch möglich gewesen, auf einfache Art und Weise auf dem Grundstück der Beklagten an der Grenze zu dem Gartenzugangsweg eine Sichtbarriere zu errichten, beispielsweise durch Setzen einer Hecke, um zu verhindern, dass Benutzer des Gartenzugangsweges frei in das Grundstück der Beklagten einsehen können. Dies ist jetzt praktisch ausgeschlossen, da eine Hecke für einen wirksamen Sichtschutz weit über zwei Meter hoch sein müsste, was zum einen eine sehr lange Wuchszeit beanspruchen würde, zum anderen eine solch hohe Hecke auch außergewöhnlich schwer zu pflegen ist.

Unerheblich ist, dass sich die Mauer aus L-Steinen teilweise auf dem Grundstück der Beklagten befindet. Nach der Baubeschreibung mussten die Beklagten mit Stützwänden „auf dem Grundstück“ rechnen.

Insgesamt ist aufgrund der optischen Beeinträchtigung, der nur eingeschränkten Nutzbarkeit des Gartenzugangswegs und der freien Einsehbarkeit des Grundstücks für Benutzer des Weges ein Minderungsbetrag mindestens in Höhe der Klageforderung von 7.900,00 DM angemessen.

Einer Fristsetzung gem. § 634 Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. bedurfte es nicht, da die Klägerinnen eine Mängelbeseitigung ablehnen.

Dem Minderungsanspruch der Beklagten steht nicht § 640 Abs. 2 BGB entgegen. Zwar muss danach grundsätzlich der Mängelvorbehalt „bei der Abnahme“ erfolgen. Vorliegend gilt jedoch etwas anderes: Oftmals wird vor der Abnahme vom Besteller in allgemeiner Form die Ordnungsgemäßheit des Werkes in Frage gestellt. Sinn des § 640 Abs. 2 BGB ist es, dem Unternehmer Klarheit zu verschaffen, welche konkreten Mängel denn tatsächlich gerügt werden. Der Besteller soll sich dann bei der Abnahme erklären. Wenn jedoch, wie vorliegend durch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 30.03.2001, die Mängelrüge klar beschrieben wurde und sogar eine konkrete Rechtsfolge, nämlich Minderung begehrt wurde, bedarf es keines erneuten Vorbehalts im Zeitpunkt der Abnahme. Die Klägerinnen hatten auch keinen Anlass zu glauben, die Beklagten würden diese Mängelrüge nicht mehr aufrecht erhalten. Dass keine erneuter Vorbehalt im Zeitpunkt der Abnahme. In dem Abnahmeprotokoll heißt es, dass der Auftraggeber die Beseitigung der festgestellten Mängel laut Mängelliste bis spätestens 21.07.2001 verlangt und dass der Auftraggeber für den Fall, dass die aufgeführten Mängel nicht bis zum angegebenen Termin beseitigt sein werden, die Mängelbeseitigung auf Kosten des Auftragsnehmers durch einen Dritten veranlassen wird. Damit war Sinn der bei der Abnahme aufgestellten Mängelliste, die nachzubessernden Mängel zu bezeichnen. Danach war ein Mängelvorbehalt hinsichtlich des Mangels in Gestalt der L-Stein-Mauer und des Niveus des Gartenzugangsweges nicht erforderlich, weil die Klägerinnen mit Schreiben vom 10.05.2001 eine Nachbesserung bereits abgelehnt hatten. Schließlich passt auch die in dem Abnahmeprotokoll formularmäßig vorgesehene Rechtsfolge, nämlich dass „der Auftraggeber auf Kosten des Auftragnehmers die Mängelbeseitigung veranlassen wird“, nicht auf den Mangel betreffend L-Stein-Mauer und Niveu des Gartenzugangsweges. Die Beklagten hatten in ihrem Schreiben vom 30.01.2001 Minderung geltend gemacht und nicht die Rechtsfolge gem. § 633 Abs. 3 BGB a. F.. Auch deshalb war nach dem Sinn des Abnahmeprotokolls kein erneuter Vorbehalt erforderlich.

Der Feststellungsantrag ist unzulässig.

Es fehlt an einem bestimmten Antrag i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Bei der negativen Feststellungsklage muss der Anspruch, dessen sich die Beklagtenseite berühmt, genau bezeichnet werden. Der klägerische Antrag, festzustellen, dass den Beklagten kein Anspruch auf Minderung des Kaufpreises in Höhe von 20.000,00 DM zusteht, enthält keine Bezeichnung der beklagtenseits behaupteten Mängel, aufgrund derer sie sich eines Minderungsanspruchs in Höhe von 20.000,00 DM berühmten. Damit ließe sich die Rechtskraftwirkung einer Verurteilung entsprechend dem Feststellungsantrag nicht bestimmen; die Feststellung eines fehlenden Minderungsrechts in Höhe von 20.000,00 DM würde auf alle Mängel passen, auf die von den Beklagten im Schreiben vom 31.01.2001 gerügten Mängel, auf die Vielzahl der weiteren, in dem vorliegenden Rechtsstreit von den Beklagten behaupteten Mängel und auch auf Mängel, die möglicherweise vorliegen, aber erst in Zukunft erkannt werden.

Soweit die Klägerinnen mit der Zahlungsklage Zahlung von 7.900,00 DM begehren, fehlt es auch an einem Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der Feststellungsklage, da insoweit über Minderungsansprüche der Beklagten bereits im Rahmen der Zahlungsklage abschließend zu entscheiden ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1, §§ 100, 101 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.

Dahlbokum
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